20/23*

20/23 rückte durch eine Empfehlung aus dem Freundeskreis in unseren Fokus. Da wir Empfehlungen von Gleichgesinnten viel Vertrauen entgegen bringen, stand der Besuch bei 20/23 weit oben auf unserer Wunschliste. Dafür haben wir uns einen Samstagmittag ausgesucht. Aus einem griechischen Imbiss, welcher vorher drin war, hat Lukas ein stylisches Lokal eingerichtet mit Plätzen am Tresen dem sogenannten Chefstable einerseits und einigen Tischen im restlichen Raum andererseits.

Bereits bei der Reservierung haben wir den Wunsch geäußert am Tresen sitzen zu wollen. Aus unserer Sicht ist das Chefstable-Konzept nicht nur kommunikativ, sondern man hat einen direkten Blick in die Küche und damit einen spannenden Einblick in die Arbeitsweise hinter den Kulissen. Es waren insgesamt 10 Gäste um Lukas versammelt, allesamt Stammgäste bis auf uns Neulinge. Der Herr rechts von uns war bereits zum 12en Mal dort speisen und hat kein einziges Menü seit der Neueröffnung verpasst. Chapeau! Die Atmosphäre war super locker, gesellig und irgendwie vertraut. Lukas ist ein authentischer Typ und hat mit seiner unterhaltsamen Art viel zu der ausgelassenen Stimmung beigetragen. Der erste Gruß aus der Küche ließ nicht lange auf sich warten.

Im Anschluss wurde uns ein Konvolut aus vielen kleinen Häppchen serviert. Diese Art von Amuse-Bouche kenne ich sonst von Tim Raue mit einem Unterschied, dass Lukas sich was dabei gedacht hat. Die Idee, Grüße aus den Resten der kommenden Menü-Gänge zuzubereiten, zeigt nicht nur Kreativität, sondern auch ein starkes Engagement für Nachhaltigkeit und die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung. Dieser bewusste Umgang mit Ressourcen schont die Umwelt und stimmt die Gäste auf die kulinarische Reise ein, die sie noch erwartet.

  • Mousse aus den Resten vom Putzen der Austern und dem Austern Wasser mit dem Austernblatt, Stiel und Ziegenkäsecreme
  • Fried Fisch cake mit haaner Kafirlimette und eingelegten Radischen
  • Farce aus Lachsforellenbauch, abgeschmeckt mit Kimchi, die Haut als Craker und Schnittlauchcreme
  • Zanderbauch als Tatar dazu Remouladenschaum und Tempurateig
  • Panna Cotta von Spargel und karamellisierter Sahne mit Weißer Spargel Ceviche
  • Krokette aus den Abschnitten abgeschmeckt mit Erdnuss und Limette mit einer verbrannten Lauch Creme

Das Brot wird selbst gebacken und so oft nachgereicht wie man möchte.

Erster Gang Oosterschelder Auster | Ziegenkäse

Bei der ersten Flasche Wein haben wir uns für einen Winzer entschieden, den wir vorher nicht kannten. Der Kapellenberg Riesling vom Weingut Heiligenblut zeigte sich mineralisch mit einer Spur Richtung Natural. Seine säurebetonte Charakteristik harmonierte mit den Fischgängen ganz gut, dennoch war das letzte Glas für unseren Gaumen etwas zu anstrengend. Insgesamt eine interessante Entdeckung.

Grundsätzlich hat die Weinkarte noch Luft nach oben. Die Entwicklung einer anspruchsvollen Weinkarte braucht Zeit und Geld. Da Lukas erst vor einem halben Jahr geöffnet hat und alles selbst finanziert, ist es nur allzu verständlich, dass nicht alles von Anfang an perfekt ist. Dafür bietet Lukas die Möglichkeit, eigene Weine gegen ein angemessenes Korkgeld mitzubringen. Das ist besonders für Liebhaber seltener und älterer Jahrgänge eine attraktive Option. Freunde von uns haben davon bereits profitiert und somit waren beide Seiten happy einen 1975er Lafite im Glas zu haben. Leider kann man die Weine noch nicht aus mundgeblasenen Gläsern genießen. Solche Ausstattung bedeutet eine beträchtliche Investition. Es ist absolut verständlich, dass zu diesem Zeitpunkt noch kein Fokus auf solche Details gelegt wird.

Zweiter Gang Bärlauch Curry | Hecht

Der Name 20/23 hat übrigens eine Doppelbedeutung, die sowohl auf das Gründungsjahr des Restaurants als auch auf die Auszeichnung als Newcomer des Jahres 2023 zurückzuführen ist.

Dritter Gang Lachsforelle | Kimchi

Besonders gut gefallen hat uns, dass Lukas mit den Saucen nicht gespart und auch nachgegossen hat, wenn er merkte, dass man den letzten Tropfen mit einem Stück Brot aufgenommen hat. Genau diese Situation ergibt sich in der Regel nur an einem Chefstable. Großartig!

Vierter Gang Zander | Remouladen Beurre blanc

Bei der zweiten Flasche Wein haben wir im Hinblick auf die kommenden Fleischgänge zu einem klassischen Chardonnay im Eichenfaß vom Weingut Knewitz gegriffen. Das Holz war in meinen Augen noch zu dominant, wahrscheinlich braucht der Wein noch ein paar Jahre Zeit, damit sich das Holz besser integriert. Ich bevorzuge für meinen Geschmack etwas Eleganteres im Glas.

Vor dem ersten Fleischgang wurde noch eine kleine Erfrischung in Form eines Apfelsorbets serviert.

Kalbsbries al Ragù | Spargel. Kalbsbries findet man in letzter Zeit häufig auf den Speisekarten gehobener Gastronomie. Aber auf diese Art als Ragout in Kombination mit Spargel haben wir es zum ersten Mal auf dem Teller gehabt. Absolut fantastisch!

Der nächste Fleischgang war Bulgogi al Ragu | Lauch. Ebenfalls ein Gericht zum „Löffeln“, ganz unser Beuteschema!

Bei Nachtisch hat Lukas mit außergewöhnlichen Kombinationen überrascht. Im Pre-Dessert mit Rhabarber | Speck und zum Schluss mit Rote Bete | Liebstöckel.

Ein Abschiedsgruß aus der Küche durfte natürlich auch nicht fehlen.

Insgesamt war es ein sehr runder Nachmittag und wir drücken Lukas die Daumen, dass er den gewünschten Michelin Stern zeitnah verliehen bekommt.

Nachtrag: Nur 3 Tage nach unserem Besuch wurde Lukas mit einem rotem und einem grünen Michelin Stern geehrt. Herzlichen Glückwunsch!

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert